


Kurzfassung der Chronik
1225 Jahre BalgstädtDie Gemeinde Balgstädt begeht in diesem Jahr ein besonderes Jubiläum, die erstmalige Erwähnung im Bad Hersfelder Zehntverzeichnis im Jahre 775. Damit ist Balgstädt als eines der ältesten Dörfer im Unstruttal wenigstens 1225 Jahre alt.
Das kleine Dorf mit seinen 700 Einwohnern hat eine lange Geschichte. Sie beginnt etwa 5000 Jahre v.u.Z. und wird durch zahlreiche Funde und Gräber die Besiedlung der Balgstädter Flur deutlich. Erste Spuren führen in die Steinzeit zurück, was durch Funde von Steinwerkzeugen belegt werden kann.
Im 9. Jahrhundert zogen laut einer Sage die Hunnen unter ihrem Heerführer Leito durch die Totentäler; sie brandschatzten, plünderten und mordeten die Frauen und Kinder eines germanischen Stammes, der sein Lager im Hasseltal aufgeschlagen hatte. Die Germanen besiegten die Hunnen und hängten deren Anführer Leito auf.
Ein Flurstück in Balgstädt wird heute noch Hangeleite genannt.
Wie ist der Ort Balgstädt eigentlich zu seinem Namen gekommen? Da gibt es viele Geschichten und Sagen, wobei hier die einfachste und schönste erzählt werden soll:
Vor undenklicher Zeit, als in den hiesigen Urwäldern, die das Unstruttal verhüllten, Bär und Wolf jagden, brannte dort, wo sich Hassel und Unstrut vereinen, das Ratsfeuer eines Germanen. Sein Name war Balgo. Ihm oblag die Pflicht, Recht zu sprechen unter seinesgleichen. Wer einen Rat oder Rechtsspruch benötigte, ging zu der Stätte Balgos - Balgosstätte - Balgstädt. Gekreuzte Balken in Form einer Waage war das Zeichen eines Rechtsspruches. (Frau H. Schroth)
Anno 775 verschenkte ein freier Edelmann, dem Balgstädt damals gehörte, 3 Hufe (ca. 90 Morgen) an das hessische Kloster. Die 3 Hufen wurden an 3 Slawen zur Bewirtschaftung übergeben.
881 - 899 entstand in Balgstädt ein Königshof, der sich wahrscheinlich in der Nähe des jetzigen Parkes befand. Nach dem Ende des Karolingerreiches ist der Ort als Reichsgut in den Besitz der deutschen Könige übergegangen. Auf dem hier befindlichen Königshof haben die Träger der Reichsgewalt häufiger verweilt und auch Urkunden ausgestellt.
So urkundete Otto I. am 24. Mai 943 und am 14.April 954, Otto II. am 9.August 975 und Heinrich II. am 22. September 1013 Dokumente in Balgstädt.
Balgstädt gehörte damals zu den wichtigen Ortendes Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation.
976 findet man erste Erwähnungen über den Weinbau in dieser Region. Nach dieser Zeit verlor Balgstädt an Bedeutung und im Jahre 1032 schenkte Kaiser Conrad II. den Königshof Balgstädt dem Bischoff Gadabes von Naumburg, während Erzbischoff Siegfried von Mainz am 18. April 1063 den Zehnten von Balgstädt dem Stift von Sulza übereignete.
Die Bischöfe von Naumburg gaben den ehemaligen Königshof in Balgstädt nebst Zubehör zum Lehn aus. Schon 1152 wird Ulrich von Balgstädt erwähnt, der den Hochstift Naumburg die Erlaubnis erteilte, aus dem ihm gehörigen Steinbrüchen zu Balgstädt die nötigen Steine für den Bau des Naumburger Domes zu entnehmen.
Aus den Steinbrüchen von Balgstädt wurden Steine für den Bau des Klosters Pforta, der Wenzelskirche zu Naumburg und der Marienkirche zu Freyburg entnommen.
Balgstädt liegt an der früh erschlossenen "Via Regia" - der Königsstraße. Sie führte von Leipzig nach Erfurt bis Frankfurt/M und wurde als Handels- und Heerstraße genutzt. Später wurde sie als Poststraße geführt. Auf dem Königshof entstand eine Wasserburg, welche aus baulichen Gründen 1397 abgebrochen wurde. Es entstand ein Rittergut, errichtet mit vielen Stallungen, Scheunen, einer Stellmacherei, einer Schmiede und Ziegelei sowie die Vorwerke Rödel und Toppendorf.
Da Balgstädt schon früh einen Königshof besaß, muß der Ort schon frühzeitig eine Kirche besessen haben. Genaue Angaben darüber sind nicht erhalten. Der romanische Baustil von Turm und Rundbogenfenstern zeugen von der Enstehungsepoche der Nachfolgekirche zur Zeit der Romanik.
Im Juni 1311 wurde die Glocke "Anna" der Balgstädter Kirche gegossen. Sie ist noch heute eine der ältesten datierten Glocken in Deutschland. Als Besonderheit ist die spiegelbildliche Inschrift zu bewerten, die auf einen unerfahrenen Glockengießer schließen läßt. Besichtigen kann man sie heute im Glockenmuseum zu Laucha.
1451 wird die Gangolfkapelle erwähnt, ein Wallfahrtsort der Pilger, die von hier aus zu den wichtigsten Wallfahrtsorten Rom - Jerusalem - Santiago de Compostella gelangten. Aus dem in der Kapelle gehaltenem Ablaß ist das heutige Ablaßfest hervorgegangen, welches immer 14 Tage nach Pfingsten zu Trinitatis hier gefeiert wird.
Die Geschichte besagt:
In Rom ging beim Bau der Peterskirche um 1506 das Geld aus. So dachte sich Papst Leo X. eine gewinnbringende Methode aus, wie das Kirchensäckel wieder gefüllt werden sollte. Man fertigte Ablaßbriefe an, mit dem die Gläubigen ihre Seele freikaufen konnten.
Die Gangolfkapelle ist auch Ausgangspunkt zum Sühnekreuz, welches man auf Knien erreichen mußte, um Sühne zu tun. Das Kreuz läßt aufgrund der Verwitterung auf ein hohes Alter schließen. (1250 - 1500)
Im 16. Und 17. Jahrhundert herrschte wie überall im Land, auch in Balgstädt die Pest, die die Hälfte der Bevölkerung dahinraffte.
Im Jahre 1616 geht das Rittergut in den Besitz der Fam. Heßler über. Um 1650 erbaute Hans Friedrich von Heßler ein neues Schloß und zog von Burgheßler nach Balgstädt. Nach seinem Tod ging der Besitz an seinen Sohn Georg Rudolf von Heßler über. Dieser wurde in der Balgstädter Kirche beigesetzt. Das Brustbild mit Familienchronik befindet sich noch in der Kirche. 1744 wurde das Schloß durch die Fam. Sperling ersteigert. Wirtschaftliche Erfolge stellten sich ein, die auch durch die Schiffbarmachung der Unstrut im Jahre 1790 - 1792 begünstigt wurden.
Zu Beginn des 19. Jahrhundert fanden Plünderungen, Einquartierungen und Mißhandlungen durch Napoleons Soldaten statt, unter anderem wurde der Abendmahlkelch geraubt.
1813 erfolgte der Rückzug Napoleons von der Völkerschlacht bei Leipzig über Freyburg - Balgstädt. Hier wurde die Unstrut über Behelfsbrücken überquert.
Um 1880 wurden die Weinberge um Balgstädt neu angelegt und die Reblaus mit eingeschleppt. Man glaubte, der Weinbau im Unstruttal sei dem Untergang geweiht.
Ende des 19. Jahrhunderts wurde die wirtschaftliche Entwicklung durch die Kalkbrennerei, die Steinbrüche und später dem Kohlehandel des Dr. Ludwig Kersten geprägt; viele Balgstädter fanden hier Arbeit.
1889 wurde die Unstrutbahn gebaut und Balgstädt erhielt seinen Bahnhof und damit die verkehrsgünstige Anbindung an die Region Artern und Naumburg. 1896 konnten sich die jungen Balgstädter über eine neue Schule freuen, die den Balgstädtern heute unter "Alte Schule" bekannt ist. Für die Kleinsten wurde 1900 eine Kinderbetreuung eröffnet.
Zeit des wirtschaftlichen Wohlergehens und familiären Glücks wechselten mit der Weltwirtschaftskrise und den beiden Weltkriegen, die auch nach Balgstädt viel Leid brachten.
Nach dem 2. Weltkrieg wurde das Rittergut der Fam. Sperling mit 300 ha enteignet und das Land an 42 Naubauern aufgeteilt. Um die damalige Not zu lindern, nahmen die 600 Balgstädter ebenso viele Flüchtlinge auf. Im Schloß wurden viele Räume zu Wohnungen umfunktioniert. Die Kollektivierung der Landwirtschaft fand 1953 seinen Anfang und wurde 1960 abgeschlossen. Dabei fühlte sich manch alteingesessener Bauer enteignet.
Durch Zuwanderung der Flüchtlinge entstand ein hoher Bedarf an Wohnungen. Diese Situation verschärfte sich durch die ständig steigenden Ansprüche, sowie der Erweiterung der LPG.
So wurden im Schloßumfeld Scheunen und Stallungen zu Wohnungen umgebaut, Neubauernhäuser entstanden und Eigenheimstandorte an der Freyburger Straße, der Trifft, dem Marktstieg und der Größnitzer Straße, sowie die 2 Wohnblöcke sorgten für Entspannung.
Der wichtigste Arbeitgeber in der Gemeinde war die Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft LPG "Unstruttal". Durch ihren Einfluß wurde die Gemeinde 30 Jahre geprägt. Sie half beim Bau der öffentlichen Einrichtungen, sowie bei Beginn der Arbeiten zur Be- und Entwässerung in unserer Gemeinde. Bürgermeister und Abgeordnete hatten es in dieser Zeit nicht leicht, es fehlte an Baumaterial.
Eines der bedeutenden Ereignisse war für Balgstädt's Entwicklung der Fall der Mauer im November 1989. Von diesem Tag überschlugen sich die Ereignisse und es begann ein Umdenken für alle Bürger. Die gewohnten Arbeitsplätze in Leuna, Buna, Lützkendorf, Naumburg und Karsdorf fielen zum Teil oder ganz weg. Von den einst 200 Arbeitsplätzen in der Agrargenossenschaft sind im Jahr 2000 noch 10 übrig geblieben. Nicht Wohnraummangel, sondern der Kampf um die Schaffung neuer Arbeitsplätze prägt die heutige Zeit.
Die Geschichte, die Landschaft und der Wein bieten der Gemeinde Balgstädt langfristig eine große Chance, daß der Tourismus einmal das wird, was die LPG für Balgstädt war, Arbeitgeber und Motor für die Weiterentwicklung unserer Gemeinde.
Nach der Wende wurde das Schloß saniert, Wasser und Abwasser verlegt, Straßen gebaut, Plätze gestaltet und Grünanlagen angelegt. Durch die Sanierung der "Alten Schule", dem Bau des Zeltplatzes mit Bootsanlegestelle - Sanitärtrakt, das Anlegen von Wanderwegen und deren Ausschilderung ist es gelungen, den ersten Schritt in Richtung Tourismus zu tun.
Alle gemeinsam - Bürgermeister,Gemeinderäte, Gewerbetreibende, Vereine und Bürger müssen das Ziel haben, Balgstädt noch attraktiver zu gestalten um dem Ort eine sichere Perspektive zu geben.
Arno Krause
Bürgermeister
Heidi Blanke
Ortschronist
Anno 2000