Gemeinde Balgstädt

Chronik von 1945 - 1990

9. Balgstädt 1945-1990

Am 12.04.1945 zogen die Amerikaner in Balgstädt ein. Sie durchsuchten die Häuser und brachten am 14.04.45 Rudolf Blanke, Fritz Schneider und den Lehrer nach Bad Kreutznach.
Die Fam. v. Sperling wurde aus dem Kreis Querfurt verwiesen. Joachim v. Sperling nahmen die Alliierten am 19.06.45 in Haft. Die Bodenreform sorgte dafür, daß das Rittergut in 42 Neubauernhöfe aufgeteilt wurde. Aus der Stadt kamen Frauen, die alles, was sie im Haushalt entbehren konnten, für Nahrungsmittel tauschten um zu überleben. So herrschte ein illegaler Handel.
Für eine warme Stube wurden Kohlen gestohlen. 1945 wurden um das Chaos ein wenig in den Griff zu bekommen, Lebensmittelkarten eingeführt. Sie wurden in Balgstädt von Frau Elfriede Keller geb. Krause verwaltet. Diese Karten wurden in 5 Gruppen geteilt:
Schwerstarbeiter, Schwerarbeiter, Arbeiter, Angestellte und Kinder. Pro Tag erhielt z.B.

ein Schwerstarbeiter 450g Brot, 40g Nährmittel, 25g Zucker, 40g Fleisch, 20g Fett, 30g Marmelade
Vergleich Kinder 250g Brot, 15g Nährmittel, 25g Zucker, 25g Fleisch, 10g Fett, 30g Marmelade

Die Witwen erhielten keine Rente, die Kinder erhielten eine Halbwaisenrente von 35 DM. Auch nach der Gründung der DDR gab es keine Entschädigung für diese Frauen.
Die Bundesrepublik sorgte allerdings für diese Frauen, indem sie eine Kriegswitwenrente erhielten. Die Frauen, die 1990 nach der Wiedervereinigung noch lebten, erhielten nun endlich auch eine kleine Entschädigung für all die vielen Jahre der Enthaltsamkeit, Elend und Armut. Die sogenannten Trümmerfrauen führten ein sehr bescheidenes Leben. Die Nachkriegsjahre waren eine schwere Zeit.
In Toppendorf wohnten nach 1945 noch 4 Familien: Kettner, Scherian, Ludwig und Popko. Die große Feldscheune wurde 1946 demoliert. Das Rittergutsland wurde auch zu Schrebergärten aufgeteilt: z.B. "Dürre Wiese".
Nach dem 2. Weltkrieg nahm die Einwohnerzahl vor allem in den Dörfern durch die Umsiedler und Flüchtlinge aus Schlesien, Ost- und Westpreußen und Sudetenland enorm zu. In Balgstädt betrug die Einwohnerzahl 600 plus 400 Flüchtlinge. Diese stammten aus Galizien, Ostpreußen, Westpreußen, Rumänien, Sudetengau, Oberschlesien, Riga, Bremen, Berlin. Durch die Bodenreform wurde der Großgrundbesitz an die Landarbeiter und Industriearbeiter aufgeteilt. So erhielten auch die Flüchtlinge, die im Frühjahr 1946 nicht nach Schwaben weiter ziehen wollten, Land. Nun wurde der Bauer ein freier Bauer und Landarbeiter gab es nicht mehr. Im Schloß werden nach 1945 die Schule mit 4 Klassenzimmern, der Kindergarten mit 3 Räumen, die Küche mit Schulspeiseraum eingerichtet. Außerdem wohnten noch 10 Familien im Schloß; dieses befand sich in einem desolaten Zustand und wurde von Jahr zu Jahr immer baufälliger.
1946 wird dem ehemaligen Gutsinspektor Beate mit letztmaliger Frist zum 10.4.46 mitgeteilt, diese Gemeinde zu verlassen, bzw. mit dem ehemaligen Inspektor Ruhmer aus Braunsbedra zu tauschen. Wird das nicht eingehalten, erfolgt am 11.4.46 eine Zwangsräumung. Dazu kommt es nicht, es wird der Tausch angenommen.
1947 bekam das Gemeindebackhaus einen neuen Ofen und es wurde von den Gemeinderäten beschlossen, das Backhaus für weitere 12 Jahre an Bäckermeister Paul Kühne zu verpachten.
Das ehemalige Gut v. Sperling wurde in 10 Neubauern stellen aufgeteilt. In der Ortslage wurden 8 Stellen geteilt, das sind unter anderem die Schäferei, die Schmiede, die Stellmacherei. Das ehemalige Schloß als Wohngebäude für viele Umsiedlerfamilien wird von der Aufteilung ausgenommen, da ein späterer Abbruch geplant ist. Herr Willy Krause übernimmt die Poststelle von Walter Kuhnt. Der Postschalter befindet sich im Wohnhaus Krause.
Die Lebensmittelkartenstelle verwaltet bis 1958 Gertrud Ködel.
Eine neue Siedlung am Park wurde gebaut (Parkstrasse) die sogenannten Neubauernhäuser. Der Preis der Häuser betrug 5.000 bzw. 10.000 DM.
1948 gab es die Währungsunion. Es wurde die DM eingeführt z.B. 310,86 RM = 30,99 DM. Ebenso wurde für Balgstädt die Bodenbenutzungserhebung aufgestellt.
Die ermittelte Gesamtfläche der Gemeinde beträgt: 865 ha
Ackerbau 491 ha, Gartenland 2,5 ha, Obstanlagen 1,28 ha, Wiesen 15 ha, Viehweiden 96 ha, Landwirtschaftliche Nutzfläche: 628, 53 ha, Forsten u, Holzungen: 127 ha, übrige Ödflächen (Steinbruch, Sand, Lehmgrube): 27,47 ha, Gewässer 9 ha, Gebäude Privatwege 12 ha, öffentliche Wege, Friedhof, Sportplatz 61 ha.
Im August 1948 wurden die Schrebergärten vermessen. Dies sind die Ziegeleibreite, Am Bahnhof und Dürre Wiese.
1949 erschließt man den ehemaligen Schloßgarten und baut auch hier Neubauernhäuser. Das sind:

Johann Grün jetzt Fam. Mohs
Michael Selent jetzt Fam. Barth
Joseph Bruska jetzt Fam. Mika
Kurt Wege jetzt Fam. Wege
Johann Ryll jetzt Fam. Skupin
Anna Kunze
Konrad Wege

Während dieser Zeit befand sich auch ein Standesamt in Balgstädt. Dies wurde von Otto Reinboth geleitet. Eine Trauung kostete 5 DM. 1949 wurde Strom zum Vorwerk Toppendorf verlegt. Dort wohnten zu dieser Zeit noch 4 Familien: Popkow, Ludwig, Kettner, Scherian.
Das Jahr 1949 war für Deutschland ein entscheidendes. Zunächst wurde die Bundesrepublik Deutschland gegründet und danach, am 7. Oktober, die DDR.
Dies war ein erheblicher Einschnitt für das Deutsche Volk. Der Bürgermeister war zu diesem Zeitpunkt Karl Krause. Im Jahre 1951 wurde der Bürgermeister gleich zweimal gewechselt. Im Januar wählte man Herrn Clausing. Bereits am 9.4. wurde Ernst Neumann aus Freyburg zum Bürgermeister gewählt.
Die ländliche Struktur bildete sich zunächst durch das Rittergut. Danach prägten die Neubauern und Umsiedler das Bild. Später, um 1954 bestimmten die LPG Typ 1 und 3 das Bestellen der Felder und das kulturelle Geschehen im Dorf.
Die Einzelbauern mußten in die LPG eintreten, was viel Ärger und Leid mit sich brachte. Das Hab und Gut mußte mit in die Genossenschaften eingebracht werden. Nach der Wende, im Jahre 1989, zerfielen die LPG, das Land bekamen die Eigentümer zurück. Es bildete sich die Agrargenossenschaft, welche von Jahr zu Jahr immer mehr Arbeitsplätze abbaute.
1950 wurde für Balgstädt eine neue Schule und 20 Einfamilienhäuser in der Größnitzer Straße geplant. Es wurde von der Baukommission befürwortet, aber 1951 nicht im Investitionsplan vorgesehen. Somit war das Projekt gestorben. Die umfangreichen Baupläne liegen im Archiv Nebra.
1952 wurden 4 Schulräume im Schloß neu eingerichtet. Die Gemeindeschwesternstation wurde in diesem Jahr im Schloß 6 fertiggestellt. In Balgstädt gab es nun die Schwangeren- und Mütterberatungsstellen, sowie eine Schwester und eine Hebamme.
Das Landkino kam zweimal im Monat nach Balgstädt in die Gaststätte "Zur Rose".
Herr Christian Jebsen entwarf als Holzschnitzer das Balgstädter Kirchensiegel.
Der Steinbruchbetrieb von Dr. Ludwig Kersten und dessen Sohn Rudolf wurde bis 31.12.56 weitergeführt, ebenso die durch sie gegründete Kohlehandlung, die bis Februar 1960 existierte.
1956 wurde Ernst Neumann als Bürgermeister von Georg Werdin abgelöst.
Das Rödelhaus, welches zur Flur Balgstädt gehört, soll erhalten bleiben; nur aus welchen Mitteln das weiß man noch nicht. Es steht über 200 Jahre dort, wo es als Vorwerk gedient hat.
Die Fleischerei Portius wurde verstaatlicht. Von 1957 -1990 befand sich hier die Konsum-Fleischverkaufsstelle. Nach der Wende wurde Fam. Portius wieder Eigentümer der Fleischerei.
Im Juli 1956 ging über Balgstädt ein schweres Unwetter hernieder. Die herabstürzenden Wassermassen richteten großen Schaden an. Keller wurden überschwemmt, die Unstrut trat über die Ufer und vernichtete viele Kulturen (Rüben, Kartoffeln, Getreide).
1957 wurde vorgeschlagen, die Schüler aus Balgstädt ab dem 7. bzw. ab dem 8. Schuljahr nach Freyburg in die Schule zu schicken, um ihnen einen 10. Klassenabschluß zu ermöglichen.
Ab September 1959 gibt es einen Schulhort in Balgstädt, den die Schüler der 1. -4. Klasse nach dem Schulunterricht besuchen konnten. Die Leiterin dieses Hortes war Frau Edith Laase. Diese Einrichtung wurde bis 1987 erhalten. Später, im Jahre 1994, wurde er wiedereröffnet, die Leiterin war Frau Fuchs. Zu Ehren des 1. Mai, des 8. Mai, des 7. Oktobers, des 7. Novembers, mußte jeder Werktätige Bürger Verpflichtungen übernehmen, wie z.B. NAW-Stunden leisten, um einen Schweinestall zu bauen, oder um das Dorf oder die Städte schöner zu gestalten.
Noch sind die Diskussionen über den Start des 3. sowjet. Erdtrabanten nicht abgeebbt, da gibt es erneut Grund zur Freude. Dank der Werktätigen in Industrie und Landwirtschaft werden im Oktober 1958 die Lebensmittel-karten abgeschafft. Ein Stück Butter kostet nun in der HO nicht mehr 10,- DM sondern nur noch 4,90 DM.
In den letzten Tagen des Jahres 1958 entschloß sich auch Alfred Grober unter großem Druck den Schritt in die Genossenschaft zu gehen. Somit war Balgstädt vollgenossenschaftlich. Hinter jedem Beitritt in die LPG steht ein Familiendrama, man könnte Romane schreiben.
Der Rat der Gemeinde beschließt, den Sportplatz gegenüber dem Bahnhofsgebäude zu verlegen. Um weiteren Bürgern die Genehmigung zum Bauen zu erteilen, gibt der Gemeindekirchenrat das Einverständnis, Kirchengelände zu bebauen. Dieses Gelände befindet sich an der Lauchaer Strasse. Es sind die Einfamilienhäuser von Fam. Beyer, Emse, Grün, Pohl, Beyer, Schulze.
1961 übernahm die Sowjetarmee das Gelände der NVA auf dem Rödel. Dies bedeutete, das die Bevölkerung dieses Gebiet nicht mehr betreten durfte.
Auf dem Feld am Rödel entdeckte ein Bauer ein Loch von 75cm Durchmesser und einer Tiefe von 1,5 m. Da Mauerwerk zu sehen war, wurde es dem Museum Neuenburg gemeldet. Nach Untersuchungen wurde ein rechteckiger Raum mit einer aus Bruchsteinen gewölbten Decke festgestellt. Beim Absuchen der Umgebung konnten viele Scherben mittelalterlicher Gefäße aufgelesen werden. Eine gut erhaltene eiserne Pfeil- und Armbrustbolzen-spitze aus dem 12./13. Jh.. Mittelalterliche Wüstung. Die Scherben stammen aus dem 11.-13. Jh.. Die gefundene kleine Dorfstelle, die unweit der alten "Frankenstrasse" liegt, könnte durch vorbeiziehende Kriegshaufen das Dorf vollständig vernichtet haben.
Die ungeschützten Bauerndörfer hatten am schwersten unter den Streitereien der Feudalherren leiden müssen. Diese Dorfstelle am Rödel kann auch wegen Wassermangel aufgegeben worden sein, gehört doch der Rödel mit zu den wasserärmsten Gegenden hier.
Zu erwähnen wäre noch, daß in den Jahren um 1837 der Zollverband die Weinpreise herabsetzte und dadurch eine Verarmung der niederen Volksklassen stattfand. Dieser Notstand war Auslöser für die Auswanderung von 12 Familien (32 Personen) von Freyburg und Umgebung nach Amerika. Es waren vorwiegend Handwerksmeister. Die Überfahrt dauerte 53 Tage mit dem Segelschiff.
Nun zurück in das jetzige 20. Jahrhundert. 1964 erhält Balgstädt im Schloß eine Kinderkrippe. Es sollen 15 Plätze ausgebaut werden. Da das Schloßdach sich in einem sehr schlechten Zustand befindet, wird 1965 die Kinder Einrichtung wegen Deckenreparaturen geschlossen und erst 1969 unter der Leitung von Frau Ruth Neumann wieder eröffnet.
1964 suchte wieder einmal zum Ablassfest ein Unwetter Balgstädt heim. 40 Häuser wurden überschwemmt. Der Hasselbach verwandelte sich in einen reißenden Strom. In der Bäckerei wurden 40 Sack Mehl vernichtet. Die Stromversorgung und das Telefonnetz in der Gemeinde fielen aus.
Die LPG verzeichnete in den Rinder- und Schweineställen Schlammassen. Außerdem wurden 187,5 dt Dünger weggeschwemmt.
Die 2 Brücken nach Größnitz wurden ebenfalls beschädigt. Trotz dieses Unwetters fand das Heimatfest -Ablaßfest- statt, allerdings unter diesen Umständen nur zufriedenstellend.
Das Unwetter hinterließ auch im Lebensmittelgeschäft Jügler Friedensstr. 1, seine Spuren.
Diese Einkaufsstelle wurde nun in die alte Schule verlegt. Hier wurden auch Backwaren mit angeboten, da die Bäckerei Buddrus geschlossen wurde.
Die Gaststätte "Zur Rose" wird von der Konsum-genossenschaft Laucha übernommen.
1965 werden neue Gemeindevertreter gewählt.

Bürgermeister: Neumann, Hubert
Stellvertr.: Eckardt, Werner
Mitglieder: Schmidt, Walter; Rühlemann. Walter; Helm , Friedrich; Jügler, Marta; Schröder, Marta; Undeutsch, Fritz; Thomas, Manfred; Beyer, Fritz
Wahlberechtigte: 539
abgegebene Stimmen: 535
Wahlbeteiligung: 99,26%

Im Jahre 1966 löst man den Vorsitzenden der LPG Herrn Meißner ab, an seine Stelle kommt Kurt Krause.
Die Poststelle im Ort übernimmt Frau Edith Harnisch von Willy Krause. Der Postraum wird an das Wohnhaus Harnisch angebaut.
Die Gaststätte "Zur Rose" wird geschlossen. Somit finden nur noch aller 14 Tage Kinoveranstaltungen statt; vorher waren es 8 im Monat.
Das Feuerwehrgerätehaus wird im Jahre 1966 neu errichtet mit einer Wohnungseinheit.
Die Renovierung der Schule ist nun abgeschlossen. Somit erhält jedes Schuljahr einen Klassenraum. Der Hort befindet sich ebenfalls in den Schulräumen, der auch von den Kindern aus Größnitz und Städten genutzt wird.
In Toppendorf lebten 1967 noch 2 kinderreiche Familien, das waren Fam. Junker und Zimilinsky.
Sie sollen aber in absehbarer Zeit nach Balgstädt umgesiedelt werden. Durch die Änderung des LPG-Vorsitzenden wurden die Erträge in der Rind- und Schweinemast erhöht.
In diesem Jahr wird die Hasselbegradigung durch die Melioration begonnen. Dazu muß das Armenhaus abgerissen werden. Die Hassel entspringt in 282m Höhe östlich von Marienthal und mündet bei Balgstädt in die Unstrut.
Am 2.7.1967 finden wieder Wahlen statt. Durch die Hilfe der Soldaten der Sowjetarmee, die auf dem Rödel stationiert sind, wird ein Silo in Balgstädt angelegt. Dank der modernen Technik ist dies in 4 Tagen abgeschlossen.
Der Rat der Gemeinde kaufte das ehemalige Gasthaus "Zur Rose". Die Räumlichkeiten im Obergeschoß sollen in Zukunft nach der Renovierung durch das Gemeindeamt, den Dienstraum des ABV und eine Hausmeisterwohnung genutzt werden.
Der Saal der Gaststätte wird zunächst als Turnhalle der Schule genutzt, da hier die besseren Heizmöglichkeiten vorhanden sind.
Im Januar 1969 schloß sich die LPG Nißmitz mit 115 ha Land und 30 Mitgliedern der LPG Balgstädt an. Die Wohnblöcke in der Freyburger Straße, wo 1968 Baubeginn war, wurden 1969 vergeben. Die Zuweisung einer Neubauwohnung war eine gewisse Auszeichnung für die Bürger. Sie mußten zwar 500 Aufbaustunden leisten, aber die gesellschaftliche Arbeit innerhalb der Gemeinde spielte eine große Rolle.
Die Kinderkrippe wurde 1969 als Wochenkrippe wiedereröffnet. In der alten Schule wird eine neue Teilselbstbedienungsverkaufsstelle mit Backwaren-abteilung eingerichtet. Dabei helfen viele Bürger der Gemeinde sowie die bestehende Feierabend-brigade.
In den späten Abendstunden des 6. Mai ging ein Unwetter nieder und richtete erheblichen Schaden an. Einwohner, Kameraden der FFW, Genossen der VP, Bürgermeister und Volksvertreter waren die ganze Nacht über auf den Beinen.
Es gingen wolkenbruchartige Regenfälle mit Hagel zum Teil bis Taubeneigröße nieder. Von den Hängen der Täler strömten die Wassermassen, die Geröll und Schlamm mit sich führten. Die Hassel verwandelte sich in einen reißenden Strom und setzte in Balgstädt viele Keller unter Wasser.
1970 wurden die Hausnummern und Strassennamen geändert. So wurde z.B. aus der Minkmergasse, Bäckergasse und Schulgasse die Friedensstrasse.
1971 schloß sich die LPG Hirschroda der LPG Balgstädt an. Im Sommer 1971 zogen 24 Familien in die neu errichteten Wohnblöcke in der Freyburgerstrasse.
Die Genossenschaftsbäuerinnen erhalten erstmals einen Haustag. In diesem Jahr wurde für die Bäuerinnen und Bauern eine Betriebsküche eingerichtet, in der Frau Buhr und Frau Schröder köstliches Essen zauberten. Ein wichtiger Punkt wäre noch zu erwähnen; das Unstrutwehr in Freyburg wird trozu warnender Stimmen entfernt, da die Sanierung große Summen verschlingen würde und diese nicht vorhanden sind. Der effekt trat sofort ein: Der Wasserspiegel der Tiefbrunnen snaken dramatisch. Daraufhin wurde ein altes Schiff in der Höhe der Badeanstalt Feyburg quer gelegt und mit Steinen versenkt, um einen Rückstau zu erzeugen. Anfang der 90-iger Jahre wird es aber wieder aufgebaut.
1972 wird ein Wirtschaftsweg (LPG-Strasse) zwischen Hirschroda und Balgstädt angelegt. Ab dem Frühjahr 1972 hat man sich zu einer kooperativen Pflanzenproduktion (KAP) mit Roßbach, Kleinjena und Großwilsdorf zusammengeschlossen.
Gleichzeitig wurde mit dem Bau der Schweinemastanlage für 3100 Schweine begonnen. Die LPG Tierproduktion wurde weiter von Genossen Kurt Krause geleitet. Als Vorsitzender der KAP wurde Kollege Rolf Eichhorn gewählt, danach Otto Schmidt.
Ab April 1973 gehörte die LPG(T)zu den Exportbetrieben für Schweinefleisch. Das Büro am Lohweg wurde ausgebaut.
An der Trifft beginnt man, eine neue Siedlung zu bauen. Fam. Schreiter und Pohl sind die Ersten, die ihr Eigenheim dort bauen.
1973 werden Hausbücher eingeführt, um die Bürger auch in der privaten Seite vollkommen unter Kontrolle zu haben.
Die Gaststätte "Herrn" war bis September 1974 geöffnet. Der Saal wurde jedoch weiter für Veranstaltungen genutzt. Die LPG kaufte diese Gaststätte und baute sie um. Im Februar 1975 wurde sie als Gaststätte "Unstruttal" eröffnet. Das Ehepaar Leffler wurde als Gaststättenleiter eingesetzt, dem später die Fam. Teege folgte.
Im Schlossumfeld begann man, eine alte Scheune abzureißen und an dieser Stelle ein Mehrfamilienhaus für kinderreiche Familien zu bauen. Die Gemeindebäckerei an der Größnitzerstrasse wurde zu einem Friseursalon umgebaut.
Um die Engstelle an der Lauchaer Strasse zu beseitigen, riß man die Schmiede ab. Die Strasse konnte begradigt werden und endlich konnte mit dem Wasserleitungsbau begonnen werden.
Im Mai 1974 fanden Wahlen statt. Zur Vorsitzenden wurde wieder Dolly Wolf gewählt. Wahlberechtigt sind 531; abgegebene Stimmen: 520 = 97,9%.
Zu Ehren der Wahlen verpflichtete sich die LPG, dem Kindergarten einen Spielplatz zu übergeben. Erfüllt wurde dies Ende 1974. Die Baubrigade baute 1975 den Saal der Gaststätte um. Dieser konnte vor dem Weihnachtsfest in völlig neuem Glanz und Gewand übergeben werden. Die Fluren um Balgstädt besitzen originelle Bezeichnungen. Dies sind:

Mühlwiese zwischen Zeddenbach u. Balgstädt
Heyer zwischen Aschengrube u. Freyburg
Wolfsstieg Fußsteig zw. Grundstück Werner u. Thomas
Brotsack Weg zw. LPG u. Steingraben
Pfarrholz Wald hinter den Schrebergärten "Dürre Wiese" rechts ab
Pfaffengraben auch Pfarrgrabenschlucht
Krakohlacker zwischen Hubrain und Pfarrgraben
Hubrain Weg zw. Größnitzer u. Poststrasse
Lisse zwischen Marktstieg und Hassel
Dürre Wiese Schrebergärten Größnitzerstrasse
Ziegeleibreite Schrebergärten an der LPG
Amselgesang rechts unter dem Schmiedshäuschen
Eule Wald rechts an der Größnitzerstrasse
Hahnwiesen unter dem Hohn, zw. Lauchaerstr. u. Unstrut
Hahn Hohn
Wurmberg unter dem Hohn
Hinter der Schenke hinter der Gaststätte
Trifft / Marktstieg Wege führen auf den Rödel
Wolfsstieg
Lohweg Weg von Balgstädt nach Toppendorf
Gangelsberg auch Gangolfsberg, von Fleischerei Portius bis zur "Rose"
Schwarzer Berg Weg von Freyburgerstr. zum Bahnhof
Oase Quelle auf dem Hohn, die Hirschrodaer Holten dort ihr Wasser
Lissenberg links oberhalb der Hassel
Lohholz linkes großes Waldstück (nähe Steingraben) läuft in den Lehden aus
Mühlzipfel zwischen Freyburg Brückenholz u. Steinbruch (Meelzippel)
Steingraben früher nur ein Fußsteig zw. Balgstädt Hirschroda

Im Juni wird der lang ersehnte Frisiersalon eröffnet. Sylvia Bischlepp und Christel Gruß arbeiten zur vollsten Zufriedenheit der Kunden. 1977 wird auch der neu gebaute Block für kinderreiche Familien am Schloß bezogen, es sind die Fam. Quinot, Müller, Kirsch und Rademacher.
An der Stelle der abgerissenen Scheune entstehen durch Fam. Odenthal und Krause zwei Einfamilienhäuser. Der Schuldirektor Werner Eckert wurde für 30-jährige Schuldienstzeit ausgezeichnet und gleichzeitig aus dem Schuldienst entlassen. Diese Stelle wurde durch Ernst Fitzner besetzt.
Im Dezember 1978 gab es im Wohnhaus der Fam. Hilse am Bahnhof einen Wohnungsbrand. Das Haus mußte abgerissen werden und Fam. Stein, die zur Zeit in diesem Haus wohnte, bekam eine andere Wohnung zugewiesen (am Dorfplatz).
In diesem Jahr sind in Balgstädt 11 Eigenheime im Bau, von denen 5 in diesem Jahr bezogen werden sollen. Die Feuerwehr organisiert mit ihren Veteranen ein gemütliches Beisammensein mit Kaffee und Kuchen.
1979 finden wieder Wahlen zu den Gemeindevertretern statt:

Wahlberechtigte: 562
Stimmenabgabe : 550 = 97,86 %
gewählt wurden 23 Abgeordnete

1980 löste man in Balgstädt die Grundschule auf. Die Lehrer und Schüler werden in die Friedrich-Ludwig-Jahn Schule integriert. Der Schulleiter Fitzner ging nach Laucha zurück.
Die Hortleiterin Frau Laase beging ihr 20-jähriges Dienstjubiläum. Sie engagiert sich vor allem im Ort bei der Altstoffsammlung mit den Jungen Pionieren, gestaltet Rentnernachmittage mit Programmen der Kinder und besucht mit den Schülern hochbetagte Bürger an Geburtstagen mit kleinen Liedern und Gedichten.
In diesem Jahr wird voller Einsatz beim Verlegen der Wasserleitung verlangt, damit die Lauchaer Straße endlich fertig installiert ist.
Zu den Einfamilienhäusern an der Trifft wird 1980 die Straße gebaut. Größte Baustelle im Ort ist zur Zeit das künftige Pumpenhaus für die ländliche Trinkwasser-versorgung. Viele Einwohner sind hier fleißig am Werke. In der Freyburger Straße entstand ein neuer Fußweg.
Die älteste Einwohnerin von Balgstädt beging am 13. April ihren 90. Geburtstag - Ida Respondeck.
Die Gemeinde Balgstädt ist eine der letzten im Kreis Nebra, die noch keine zentrale Wasser- und Abwasser-versorgung besitzt. Wenn auch in den letzten Jahren eine Vielzahl von Bürgern durch Hauswasserversorgungen und Kläranlagen das Problem zum Teil selbst lösten. Die Kompliziertheit der Lage ohne Unterstützung kreislicher Kräfte und Gelder ist nicht möglich. Dadurch wird sich das Bauvorhaben erst in Jahren realisieren lassen.
Den Rentnern im Ort wird einiges geboten. Es finden Rentnergeburtstagsfeiern vierteljährlich statt. Im Frühjahr und Herbst werden Kaffeefahrten organisiert, sowie je eine Karnevals- und Weihnachtsveranstaltung. Dies wird von den Rentnern gut angenommen.
Die Ortslage Balgstädt wird im Sommer 1984 neu gestaltet. Die B176 bekommt einen neuen Belag, was mit großem Aufwand betrieben wird.
Bis Ende 1984 ist die Gaststätte "Unstruttal" geöffnet. Es beginnen die Abrißarbeiten von der Baubrigade der LPG-Tierproduktion. An gleicher Stelle soll eine neue Gaststätte mit Kegelbahn und Fremdenzimmern entstehen.
Die nächsten Wahlen stehen im Mai 1985 vor der Tür. Gewählt werden:

Vorsitzende: Wolf Dolly
Stellv.: Ochsenfahrt Wolfgang

Am 29. und 30.6.1985 fand mit der Patengemeinde Bischhausen das 1. Kirchenfest unter der Leitung von Pastor Placke statt. 8 Personen waren zu Gast im Ort. Es fand großen Anklang in der Gemeinde. Der Ort Bischhausen wurde den Einwohnern durch einen Lichtbildervortrag nahe gebracht. Im Garten des Pfarrhauses fand das Abendessen mit gemütlichem Beisammensein statt. Am Sonntag führte man einen Abendmahlgottesdienst, nachmittags Kaffeetafel mit selbstgebackenem Kuchen, der Posaunenchor spielte und die Tage zuvor gesammelten Textilien wurden auf einem Basar veräußert. Das eingenommene Geld wurde zur Reparatur des Kirchturmes verwendet. Die Vorbereitungen des Festes lag in den Händen des Mütterkreises.
1985 wird die Antennengemeinschaft ins Leben gerufen. Offiziell sollte das 2.DDR-Fernsehen besser empfangen werden. Tatsächlich ging es darum auch das ZDF und die privaten Westsender zu empfangen. Die Beteiligung der Dorfbevölkerung an dieser Maßnahme war umwerfend. Der Mast stand zunächst an der Poststrasse, doch nicht lange, dann wechselte man zum jetzigen Standort am Marktstieg. Der jährliche Beitrag wird auf 60,- DM festgesetzt.
Der LPG-Vorsitzende Kurt Krause wurde wegen Krankheit entlastet und an seine Stelle wurde Helmut Moßberg gewählt.
In Balgstädt werden zur Verschönerung des Ortes 150 Rosenstöcke angepflanzt.
Die Schüler des Hortes Balgstädt sind fleißige Altstoffsammler. Dafür bekamen sie eine Fahrt nach Leipzig in den Zoo als Auszeichnung. Den Pionieren gefiel es so gut, daß sie versprachen, noch mehr zu sammeln, um wieder eine so schöne Fahrt durchführen zu können. Unter dem Motto "Strasse, Hof und Haus - wir machen was draus" verfährt die Baubrigade LPG und setzt sich das Ziel, bis 1991 die Gaststätte völlig umzubauen. Es soll ein Gastraum für 40 Personen, ein Vereinszimmer mit 30 Plätzen, vier Gästezimmer, Klubraum und Wohnung für den Objektleiter im Obergeschoß entstehen.
In diesem Jahr feiert die LPG ihr 35-jähriges Bestehen. Dies wird im großen Rahmen geschehen. Gäste aus der Partner-LPG "Mir" Radowse, aus dem Partnerkreis Senica, waren aus diesem Anlaß angereist. Helmut Moßberg, der Vorsitzende der LPG, hielt die Festrede und nahm Ehrungen und Auszeichnungen vor. Das Ehepaar Rainer und Ursula Buddrus erhielt eine Reise in die Sowjetunion. 1988 wurde das neue Sportlerheim den Sportlern übergeben. Die Baubrigade hatte einen großen Anteil am gelingen dieses Objektes, aber auch die Sportler opferten viele Stunden ihrer Freizeit, damit dieses Werk vollendet werden konnte.
Die Einwohnerzahl 1989 beträgt 710 Bürger. In diesem Jahr muß auch wieder ein Volkswirtschaftsplan erarbeitet werden. Im Vordergrund steht die Erfüllung der Beschlüsse des 11. Parteitages. Ein Hauptthema ist die Wohnungspolitik, die aber in Balgstädt kein prikäres Thema darstellt.
Unbedingt muß in dem Plan verankert werden, Mittel zur Schloßsanierung zu bekommen. 15 Jahre wird um die Mittel gekämpft; mittlerweile befindet sich das Schloß in einem desolaten Zustand, so daß zunächst das Dach erneuert werden muß; doch da scheitert es am Schiefer.
Die Kommunalwahlen der DDR finden 1989 im Mai statt. Von den Wahlberechtigten 500 Bürgern stimmten 492 für den Vorschlag der Nationalen Front, das sind 99,6%. 6 Bürger gingen nicht zur Wahl. Für den Gemeinderat werden 6 Bürger gewählt:

Dolly Wolf - Bürgermeister
Helmut Ehlich - Stellvertr
Ochsenfahrt Wolfgang - Jugend, Kultur u. Volksbildung
Pierad Karl Heinz - Landwirtschaft u. Umwelt
Buhr Heidi - Komplexe Versorgung
Lautenschläger Horst - Wohnungswesen, Wasser u. Verkehr

Die Schiedskommission setzte sich wie folgt zusammen:

Vorsitzender : Lothar Blanke
Beisitzer: Lilo Maake, Handloike Edith, Ochsenfahrt Erna, Beyer Bernd, Ehlich Margit, Zwiekirsch Christine

Durch den Tod der Bürgermeisterin Dolly Wolf am 11.5.89 machte sich eine erneute Wahl des Bürgermeisters erforderlich. So wurde am 2.6.89 der Nachfolgekandidat Helmut Ehlich gewählt. Dies war nur eine Interimslösung. Im Oktober wird dann Klaus Zwickirsch gewählt.
Gewerbe wurden in diesem Jahr von Schulz, Günther - Ofenbaubetrieb und Odenthal Siegfried - Bautischlerei angemeldet.
Herr Schulz betreibt die 1. Privatwerkstatt der Republik, die aus Schlicker , der flüssigen Porzellanmasse, Porzellan herstellen kann. Durch den Bau eines Töpferofens hier im Kreis Nebra, der durch Propangas beheizt wird, ist er auf die Marktlücke gestoßen. Jedes Jahr sollen 3 dieser Öfen hergestellt werden und die Porzellanprodukte erweitert werden. Im Moment wurden 36 Artikel hergestellt.
Durch die Eröffnung des Getränkestützpunktes von Ilona Harnisch wird der Konsum entlastet. In der Weinanbauszene vollzieht sich ein Umdenken. Die Winzer sind bestrebt, die Weinanbauflächen neu aufzureben und die Weinbergterrassen in Ordnung zu bringen.
Der Kampf ums schöne Landschaftsbild hat begonnen. So auch bei Winzer Siegfried Odenthal aus Balgstädt, der in den Ehraubergen bei Freyburg einen Weinberg völlig neu gestaltet. Er setzt neue Weinbergmauern, die an der höchsten Stelle 4,60m betragen. Seine Leistung ist Maßstab auch für das Weingut, welches eigentlich "nur" historisches zu erhalten hat.
Die neuen Weinerzeugerpreise für private Winzer müßten sie so motivieren, daß einiges zur Erhaltung alter Mauern beigetragen wird.
Seit Wochen strömen in ungeahnter Weise viele Nachrichten an unsere Ohren, auch über den "Eisernen Vorhang" von West nach Ost. Die Mauer, Honecker u. Co, denen man vor kurzem (40. Jahrestag der DDR) noch 100 Jahre Bestand prophezeite, sind Geschichte. Durch die Montagsdemos in Leipzig, wo einige Balgstädter zusammen mit Hunderttausenden gegen die Machthaber des Sozialismus demonstrierte, was zeitweise sehr gefährlich war, (Stasi stand mit Waffen bereit) wurde das System des Sozialismus in Frage gestellt.
Die Staatsmacht geriet immer mehr unter Druck, bis am 9. November 1989 die Mauer geöffnet wurde. Die alte Garde der SED verschwand in der Versenkung. Ihre "Erfolge" sind eine halbe Billion Mark, die in die DDR Wirtschaft investiert werden müßte, um annähernd Westniveau zu erreichen.
Die Braunkohle-Vorrangpolitik in der Energieversorgung machte unser Land zum größten Luftverschmutzer Europas - Dinge, die bis im letzten Dorf unseres Kreises spürbar sind. Neue Kräfte formieren sich, so daß sich im nächsten Jahr die Spreu vom Weizen trennt und allmählich die Basis für einen echten Neubeginn geschaffen wird.
Der Dornröschenschlaf der SED scheint im Dezember vorbei. Dennoch unverständlich ihre Sprachlosigkeit in der Zeit der dicksten Staatskrise. Konzepte oder Pläne für unseren Kreis gibt es nicht. Man sollte schnellstens versuchen an die "harte Mark" zu kommen. Unser Kreis sollte mit dem wuchern was er hat - seine Landschaft. Investitionen im Sinne des Tourismus würde recht bald reiche Früchte tragen.
Durch die Havarie der Kläranlage vor 2 Jahren in der Freyburgerstr. , mußte unbedingt Abhilfe geschaffen werden, da die Gefahr der Unterspülung eines Zweifamilienhauses droht. Es werden in diesem Jahr 50.000 Mark zur Verfügung stehen, um eine neue Kläranlage zu bauen.
An der wiederaufbauenden Gaststätte "Unstruttal" wird in diesem Jahr Richtfest gefeiert.
Kulturell gibt es in Balgstädt einiges zu berichten. In diesem Jahr gründet sich der Kirchenchor unter der Leitung von Christiane Rentzsch neu.
Klaus Kunze und W. Ochsenfahrt bemühen sich, das kulturelle und sportliche Leben zu verbessern, indem sie sich im Ablaß- und Sportverein engagieren.
Aller 4 Wochen findet für die Jugend in der Gaststätte Discoveranstaltungen statt. Allerdings hinterläßt die Jugend nach solchen Veranstaltungen immer ein Chaos - Gartenzäune, Beleuchtungen, Fensterscheiben werden demoliert.
Am 22.Juni 1989 schlug ein Blitz in die Neuenburg ein. Der Dachstuhl über dem Luisenzimmer fing Feuer. Kulturgut ist nicht verbrannt. Die Betroffenheit der Bevölkerung machte erneut deutlich wie tief die Feste an der Unstrut in den Herzen der Menschen verankert ist.
Am 1. Oktober wird 100 Jahre Unstrutbahn gefeiert. Das Streckenjubiläum wird zu einem Höhepunkt wenige Tage vor dem 40. Geburtstag der DDR. Ein Traditionszug fährt an diesem Tag zwischen Naumburg und Artern, der Unterwegs einige Haltepunkte hat, wo Souvenierverkauf und Platzkonzert mit den Schönburger Blasmusikanten stattfindet. Auch in Balgstädt waren viele auf den Beinen, um der Hundertjährigen Reverenz zu erweisen. Auf einigen Bahnhöfen (Kirchscheidungen z.B.) begrüßten Einwohner in Kostümen alter Zeiten die Reisenden.
Für die älteren Bürger finden 1/4 jährlich die Geburtstagsfeiern statt, welche immer großen Anklang finden. Die Renterweihnachtsfeier findet große Resonanz bei Stollen und Kerzenschein führen die Kindergartenkinder wie jedes Jahr ein kleines Programm mit viel Eifer durch.
Das Jahr 1989 ist ein recht bewegtes Jahr für alle Bürger der DDR. Im Sommer verlassen viele Tausende Urlauber der DDR über die Tschechoslowakei und Ungarn den "Ostblock" und flüchten in den Westen. In den Botschaften der BRD spielen sich dramatische Szenen ab. Auch Einwohner von Balgstädt machen davon Gebrauch. Die Ausreise beantragte Fam. Spakowski (Christine Reichardt).
Am 9. November, wie schon erwähnt, wird in Berlin die Mauer geöffnet und das Ende der Deutschen Demokratischen Republik eingeleitet.
Keiner kann es glauben.
Alle DDR-Bürger können besuchsweise in den Westen fahren. Pro Person gibt es dort 100,- DM Begrüßungsgeld. Die Trabis strömen vor Weihnachten gen Westen. Es war ein völlig neues Gefühl für DDR-Bürger.
Durch das Öffnen der Mauer nahm auch in Balgstädt die Einwohnerzahl ab - es sind nur noch 684. Zu bemerken wäre noch, daß der Sekt in Freyburg hergestellt, zu dieser Zeit 14,- und 22,- Markkostet. Diese Marken fallen 1989 weg; es werden neue Sorten, neue Etiketten hergestellt und damit ein neuer Preis - Halbtrocken kostet 27,- Mark.
Über das Wetter wäre noch zu sagen, daß der Winter zu mild und trocken war, was sich im Sommer fortsetzt.