Gemeinde Balgstädt

Chronik von 1911 - 1945

8. Balgstädt 1911 - 1945

Fam. Kersten gründet ein Steinbruchbetrieb, sowie eine Kohlehandlung. Dieser Dr. Ludwig Kersten baute 1912 eine Kalkbrennerei. Die Steine dafür wurden mit einer Bremsbergbahn vom Rödel geholt. Diese Bahn führte vom Rödel bis zur Größnitzer Strasse, am Sprengstofflager vorbei, der Hassel entlang bis zum Wohnhaus Schulz Freyburgerstr., weiter führte sie bis zum Grundstück Seidel. Von hier wurden die Steine auf Pferdewagen umgeladen und über die die Bahnschienen zu Kerstens Brennerei gebracht. 1939 ersetzten LKW die Bahn, da diese verschlissen war. Die Brauerei wurde von 1939 bis 1943 an die Kalksteinwerke Freyburg verpachtet. 1943 wurde die Brennerei geschlossen. Der Kalkofenschornstein wurde nach dem 2. Weltkrieg hier abgebaut und in Eisleben wieder aufgebaut.
1914 begann der 1. Weltkrieg, der auch in Balgstädt seine Spuren hinterließ. Es fanden 27 Männer im Verlauf des 1. Weltkrieges den Tod.
Anfang des 20. Jahrhunderts wurde in Balgstädt selbst gebuttert und gekäst und auf den Markt nach Naumburg mit anderen eigenen Produkten, wie Eier Hühner, Kartoffeln, Zwiebeln usw., verkauft. Der Weg führte entweder zu Fuß über denn Markstieg nach Naumburg, oder man fuhr mit der Bahn, 3. u. 4. Klasse. Der Zug hatte die merkwürdige Bezeichnung "Schluchtensauser".
In Balgstädt existierten um 1920 zwei Fleischereien. Dies waren Fleischerei Schumann, die bis 1940 da war, und die Fleischerei Portius die es Heute noch gibt. Allerdings mit der Unterbrechung , daß zu der Zeit, als die DDR das Sagen hatte, diese in eine Konsum-VST umgewandelt wurde und erst nach der "Wende" wieder von Fam. Portius betrieben wird. Herrns Gaststätte wurde durch den Anbau eines Saales erheblich vergrößert. Zu dieser Zeit sprach man davon, daß diese Gaststätte vorwiegend von Arbeitern besucht wurde, während für gutbürgerliche (Lehrer, v. Sperling, u. dem Gesangsverein) die Gaststätte "Zur Rose" zuständig war.
Am 23. Mai 1920 wurde das Kriegerdenkmal für die Gefallenen des 1. Weltkrieges auf dem Friedhof eingeweiht. 1924 begann man den ehemaligen Schafgarten zu bebauen. Die Minkmergasse (die heutige Friedensstrasse), wurde auch Gardinenstrasse genannt, weil die neu gebauten Häuser die ersten ordentlichen Gardinen an den Fenstern hatten.
Um 1930 wurde der Kalksteinbrennofen ein Hochofen in Balgstädt gebaut. Hier fanden auch Arbeiter aus Balgstädt einen Arbeitsplatz. Die Kalksteine wurden mittels einer Seilbahn von der Unstrut zum Hochofen transportiert.
1932 entstand für die zersprungene Glocke "Anna" von 1311 ein Nachguß in der Glockengießerei Laucha welche noch Heute im dortigen Museum zu besichtigen ist.
Auf Grund der ständigen Überschwemmungen der Unstrutauen, wurde 1933 eine Wassergenossenschaft für die Melioration der Unstrutwiesen gebildet. Der Sitz dieser Genossenschaft war Laucha ein Ausschußmitglied war unter anderem Rittergutsbesitzer v. Sperling.
1933 kamen in Deutschland die Nationalsozialisten an die Macht, was für Deutschland und viele andere Völker viel Unheil über die Menschheit brachte.
Am 5.3.1933 fanden Wahlen zum Provinzial-Landtag, zum Kreistag der Städte und Gemeinden statt, wobei Hitler als Führer bestätigt wurde.
Auf Grund der hohen Arbeitslosenzahlen war dieses Ergebnis möglich, da Hitler für alle Arbeit beschaffen wollte. Er begann den Bau der Autobahnen und somit erhielten viele Arbeit.
Daß Hitler sein Größenwahn zum 2. Weltkrieg führte, konnte 1933 noch keiner voraussehen. Der Bürgermeister hieß zu dieser Zeit Ernst Bilke.
Im Juli 1935 trat der Pfarrer Eyssel in den wohlverdienten Ruhestand. Es wird für die Gemeinden Balgstädt, Städten und Größnitz Pfarrer Bock durch Superintendent Koch Freyburg eingeführt. Pfarrer Bock war lange Jahre als Missionär in der früheren Kolonie Deutsch-Ost-Afrika tätig und nahm auch unter Führung von Lettow-Vorbeck an den Kämpfen der Schutztruppe im Weltkrieg teil.
In den 30-iger Jahren fand ein angeregtes Vereinsleben vor allem im Sport durch denn Turnverein statt. Jede Woche veranstaltete die Gaufilmstelle einen Filmabend, welcher von der Bevölkerung gut angenommen wurde. Die hiesige Poststelle wurde 1939 in eine Agentur umgewandelt, die Bezeichnung war "Balgstädt/Unstrut". Im Jahre 1937, 41 Jahre nach dem Unwetter von 1896, suchte eine Wasserkatastrophe Balgstädt heim.
Die Kirchgasse wurde aufgerissen, Ackerwalzen wurden von den Feldern gespült. Das Steingeländer der Steingrabenbrücke wurde von den Fluten weggerissen, der Bahndamm der Strecke Naumburg - Nebra wurde unterspült, so daß der Fahrverkehr der Bahn nach beiden Seiten unterbrochen werden mußte.
Im Mai 1939 besuchte der Gauleiter, Staatsrat Eggeling, verschiedene Orte im Unstruttal, unter anderem auch Balgstädt, wo er das Rittergut besichtigte.
Am 1.06.1939 verstarb Friedrich Emil Heinrich Graf zu Rantzau (geb. 10.04.1867). Er war der Vater der Frau v. Sperling und wurde auf seinen Wunsch in dem Waldstück Kielitz beerdigt. Der Kielitz war sei liebstes Jagdrevier.
In den 30-ger und 40-ger Jahren war es üblich, daß fahrende Händler durch die Lande zogen und ihre Ware, bzw. ihre Dienstleistungen anboten. Dies waren:
- Der Leitermann (bis ca. 1990)
- Braunbierhändler
- Heidelbeermann
- Lumpenmann
- Felle-Mann (bis ca. 1985)
- Glasbläser
- Scherenschleifer
- Käsemann
- Butterfrau
- Ofensetzer (reinigte Öfen)

Der 2. Weltkrieg brachte viel Leid über die Menschheit. Auch in Balgstädt kamen 27 Männer nicht mehr aus dem Krieg zurück und damit verbunden gab es einige Kinder die Halbwaise und Frauen die Kriegswitwen wurden.