


Chronik von 1806 - 1911
7. Balgstädt 1806-1911Aber auf das Werk des Friedens folgten nicht lange danach die Stürme des Krieges.
Es kam das Unglücksjahr 1806, welches das untere Unstruttal mit lautem Kriegslärm erfüllte. Im August 1806 machte König Friedrich Wilhelm III. von Preußen. seine Armee mobil und erklärte im Oktober Napoleon den Krieg.
Die Hauptarmee stand unter dem Oberbefehl des Feldmarschalls Herzog Karl Ferdinand von Braunschweig, sammelte sich bei Magdeburg und rückte über Halle nach Naumburg zu. An der Spitze marschierte die Avandgarde unter Herzog Karl August von Weimar. Sie zog zum Teil über Freyburg, z.B. das Husarenregiment von Rudolf und das Infatrieregiment von Borcke, und von da über Balgstedt nach Buttstädt und Apolda, was um den 20. September geschah.
Das Gros des Heeres stand in dem Dreieck Querfurt, Merseburg, Naumburg und zwar der fechte Flügel von Querfurt bis Freyburg, das Zentrum bei Naumburg, wo der preußische König mit seiner Gemahlin Luise vom 23. September bis 4. Oktober sein Hauptquartier aufschlug, der linke Flügel bei Weißenfels. Hinter dem Gros stand bei Merseburg die erste Reservedivision unter Graf von Kunheim, welche vom 2. bis 4. Oktober über Laucha, Balgstedt, Freyburg nach Naumburg marschierte. Als am 4. Oktober die letzten Preußen aus Freyburg abgerückt waren, ahnten die Bewohner nicht, daß sehr bald darauf die Franzosen kommen würden. Napleon war von Franken über die Pässe des thüringer Waldes in das Saaletal vorgerückt, hatte am 10. Oktober die preußische Vorhut unter Prinz Louis Ferdinand bei Saalfeld geschlagen und rückte nun nach Jena vor.
Zugleich schickte er den Marschall Davout mit dem 3. französischen Armeekorps in Eilmärschen nach Naumburg, um die vereinigten Preußen und Sachsen zu umgehen.
Bereits am Sonntag, dem 12. Oktober, wird Naumburg von den Franzosen besetzt. An dem selben Tage zeigen sich schon einzelne französische Reiter in Freyburg. Am Montag, den 13. Oktober, folgen starke Patrouillen von Chasseurs (grünen Jägern zu Pferde) und Husaren. An dem selben Tage rückt französische Infanterie, vom Rödel herabkommend, in Freyburg ein und stellt auf dem Schlosse, am Superintendurweinberge und am Brückenholz Feldwachen auf.
In der Nacht darauf brennen die Franzosen die Freyburger Brücke ab, um den Preußen den Rückzug abzuschneiden.
Am folgenden Tage, Dienstag, den 14. Oktober, wird dann die unglückliche Doppelschlacht von Jena und Auerstedt geschlagen. Marschall Davout, der Sieger von Auerstedt, läßt am Tage nach der Schlacht seine 3. Division zur Deckung der Verbandsplätze bei Eckartsberga stehen. Die 2. Division unter General Friant schickt er nach Freyburg, um diese Stadt zu besetzen, während die 1. Division unter General Morand in die Gegend von Naumburg rückt. Infolge dessen hatte Freyburg vom 15. bis 17. Oktober starke französische Einquartierung und unaufhörliche Durchmärsche von Infanterie, Kavallerie, Kanonen, Munitionswagen und Bagagewagen. Am 18. Oktober wurde die Stadt von den siegestrunkenen Franzosen geplündert. In der Nacht darauf lagern französische Gardisten, Grenadiere zu Pferde und Mamelucken im Quartier, am anderen Tage zwei Kompanien Infanterie. Die Durchmärsche dauerten bis zum 24. Oktober, wo in Freyburg die Neutralitätstafeln aufgestellt wurden, durch welche Sachsen von Napoleon für neutrales Gebiet erklärt wurde.
Auch das an der Straße gelegene Balgstedt hat in jenen Tagen ohne Zweifel viel von Einquartierung, Durchmärschen, Plünderungen und Mißhandlungen zu erleiden gehabt.
Im Jahre 1809 starb zu Balgstedt Amtshauptmann Hans Ernst Wilhelm von Sperling. Er war vermählt mit Mariann Karoline Freiin von Gutschmid, Tochter des ausgezeichneten sächsischen Kabinetsministers Freiherrn von Gutschmid.
Zu der Zeit, wo Amtshauptmann von Sperling das Schloß Balgstedt innehatte, 1769 bis 1809, finden wir in Kirche und Schule folgene Personen amtlich tätig.
Das Pfarramt verwaltete, wie schon berichtet, sit 1727 Johann Jacob Singer. Fast 53 Jahre wirkte er, doch wurde, als er alt und schwach wurde, seit 1773 von Substitut Johann Gottlieb Hering die Verwaltung des Amtes besorgt. Singe starb hochbetagt am 4. Mai 1780. Er wurde 84 Jahre 6 Monate alt, war 60 Jahre aktiver Pfarrer und 7 Jahre Emeritus gewesen. Zu seiner Zeit gehörten übrigens 2 Häuser auf der Haart zur Parochie, denn 1753 schreibt Dietmann in seinem Werke "Priesterschaft des Kurfürstentums Sachsen":
"Eingepfarrt in die Filiale Größnitz ist eine wüste Flur, die Haart genannt, da ein Haus stehet, so ein Pertinenzstück nach Burgheßler ist, und noch ein Bauerhaus."
Diese beiden Häuser waren aber nicht etwa Überreste des alten Dorfes Hart, da dieses schon 1442 wüst war, sondern waren später erbaut. Auch 1806 und 1813 wird ein Hardthaus erwähnt.
Singers Nachfolger war Pfarrer Karl Gottfried Riedel, 1781 bis 1790. Er War auf Frankenberg im Erzgebirge Gebürtig und wurde 1790 von Balgstedt ald Superintendent nach Grimma versetzt. Auf ihn folgte Pfarrer Johann Wilhelm Gräfenhain. Als Künstler und Lehrer waren in jener Zeit angestellt:
Johann Andreas Rühlmann seit 1732, starb 1774, nachdem er 42 Jahre im Amte gewesen war; seit etwa 1775 Georg Schönburg oder Schomburg; 1790 Holbein; 1804 Urban.
Das Schloß Balgstedt ging nach dem Tode des Amtshauptmanns 1809 auf dessen Sohn Ernst Wilhelm von Sperling über. Derselbe war 1782 geboren und wird als Erb-, Lehn- und Gerichtsherr auf Balgstedt, Ostramondra und Roldisleben bezeichnet. Er durchlebte das Befreiungsjahr 1813 mit seinen mannigfachen Kriegsnöten.
Schon im Frühjahr begannen die Durchzüge. Am 21. April kamen 4000 Mann russische Husaren und Kosaken von Merseburg durch Freyburg und zogen über Balgstedt nach Kösen zu. Am 25. April marschierte ein russisches Kosakenregiment von Laucha, wo es mehrere Tage gelegen hatte, über Balgstedt nach Naumburg.
Mit Furcht blickten die Einwohner auf die wilden Söhne des Don und der Wolga, bärtige Gestalten in hohen Pelzmützen, schmutzig wie die Zigeuner, auf kleinen zottigen Pferden reitend. Auf due Russen, die zur Blücherschen Armee gehörten und von Leipzig her kamen, folgten die Franzosen, welche von Erfurt heranzogen. Am 28. April rückte französische Infantrie, mehrere tausend Mann stark, in Freyburg ein. Alle umliegenden Dörfer wurden zur Lieferung herangezogen. Ein Kommando kam von Freyburg nach Balgstedt, besetzte alle Ausgänge des Dorfes und nahm auf dem Rittergute, wo das sämtliche Rindvieh des Ortes zusammengetrieben war, 12 Kühe und viele Gänse und Hüner weg.
Am 6. Mai kam zahlreiche Kavallerie von Kösen her geritten und zog über Balgstedt und Freyburg nach Merseburg. Im Herbst 1813 streifte das Freikorps des Generals von Thielmann, welches von Böhmen aus nach Thüringen geschickt worden war, um die französische Armee im Rücken zu beunruhigen, vielfach durch unsre Gegend.
Am 12. September fand auf der Straße zwischen Balgstedt und Freyburg ein Scharmützel zwischen Thielmannschen und französischen Reitern statt. Am 16. September kam das ganze Thielmannsche Freikorps, bestehend aus russischen Kosaken, preußischen und österreichischen Husaren, 2 Kanonen und 5 Munitionswagen, von Kösen und zog, vermutlich durch Balgstedt, nach Freyburg und Gleina.
Am 19. September rückte der Französische General Lefebre von Weißenfels mit 4000 Gardisten gegen das Thielmannsche Korps aus und stieß auf dasselbe bei Bedra und Leiha. Gegen Mittag zog sich das Gefecht nach Freyburg. Ein Teil des Thielmannschen Kops zog sich kämpfend über die Freyburger Brücke zurück marschierte über Nißmitz durch die Frankenhole nach Kösen.
Vom 30. September bis 5. Oktober befand sich bei Zscheiplitz ein großes französisches Lager. Die Kavallerie, bestehend aus Husaren, Dragonern, Grenadieren zu Pferde, Chasseurs und Mamelucken, biwakierte auf den Wiesen bei der Zeddenbacher Mühle.
Bald darauf wurden die Verbündeten Herren unsrer Gegend. Am 16. Oktober zog der preußische Major von Hellwig mit einem Streifkops von 400 Husaren und einer Kompagnie Scharfschützen von Freyburg über Balgstedt nach Laucha.
Am Montag, den 18. Oktober, erfolgte dann die gewaltige Völkerschlacht bei Leipzig, welcher der Rückzug der Franzosen über Freyburg folgte.
Während der Schlacht war die Unstrutbrücke in Freybug von dem österreichischen Leutnant Kause mit 60 Kroaten besetzt. Am Dienstag, den 19. Oktober, früh 1 Uhr, zündeten dieselben die hölzerne überbaute Brücke an, um den Franzosen den Rückweg über die Unstrut abzuschneiden.
Ebenso wollten sie die Zeddenbacher Brücke zerstören. Aber die Besitzer der Zeddenbacher Mühle, Kürbitz, gabdem Leutnant Kause Geld, sodas dem Müller erlaubt wurde, die Brücke selbst abzutragen, was dieser natürlich sehr unvollständig besorgte, indem er nur ein paar Bohlen entfernte.
Hierauf gingen die Kroaten nach Naumburg, welches die Oesterreicher besetzt hielten. Wenige Stunden darauf, als der Tag graute, trafen von Weißenfels, vom General Bertrand abgeschickt, französische Pioniere ein, welche oberhalb der abgebrannten Freyburger Brücke eine Floßbrücke über die Unstrut und den Schleusenarm legten und die Zeddenbacher Brücke wieder instandsetzten.
Die Bewohner wußten nicht, was das zu bedeuten hatte, aber es sollte ihnen bald klar werden. Um die Mittagsstunde stellten sich nämlich die ersten flüchtigen Franzosen ein, und ihre Zahl wuchs von Stunde zu Stunde lawienenartig zu.
Der Strom der ganzen bei Leipzig geschlagenen Armee wälzte sich nun vom 19. bis 21. Oktober Tag und Nacht durch Freyburg und von dort weiter durch Balgstedt nach Eckartsberga zu.
Am Donnerstag, den 21. Oktober früh um 6 Uhr, erschien, auf einem Falben reitend, der geschlagene Franzosenkaiser Napoleon selbst in Freyburg, nachdem er in dem Winzerhüuschen des Nollschen Weinberges zwischen Weißenfels und Burgwerben übernachtet hatte.
Er ließ sogleich nach seiner Ankunft zwei Freyburger Postillione , Vollmar und Werner, kommen, welche ihm als Wegweiser dienen mußten. Überall zeigte sich die größte Verwirrung. Napoleon ritt hierhin und dorthin, um Ordnung zu schaffen.
Die Pioniere mußten unterhalb der Schlossmühle noch eine Floßbrücke anfertigen, ebenso bei Balgstädt zwischen der Mündung des Hasselbaches und der Zeddenbacher Mühle. Diese letztere Notbrücke brach aber bald zusammen, da sie zu leicht gebaut war.
Nun befahl Napoleon, daß die Artillerie über die Zeddenbacher Brücke gehen solle, die Kavallerie über die Floßbrücke an der Freyburger Schleuse und die Infanterie über die Notbrücke innerhalb der Schloßmühle. Mit viel Mühe gelang es ihm, den Knoten zu entwirren und einigermaßen Ordnung zu schaffen.
Hierauf kehrte er mit seinem Gefolge gegen 10 Uhr Vormittags, mit einem einfachen grauen Mantel bekleidet, auf der Superintendantur ein, um zu frühstücken. Die Tafel war mit warmen und kalten Fleischspeisen, Wein und Kaffee aus dem kaiserlichen Küchenwagen besetzt.
Nach dem Frühstück ließ Napoleon den Superintendent Magister Polykarpus Keil rufen und unterhielt sich erst einmal mit ihm in lateinischer Sprache, dann durch einen Dolmetscher über die Einkünfte des Superintendenten und über sein Aufsichtsamt. Die Tafelmusik gaben die Kanonen der Verbündeten und der Franzosen.
Inzwischen hatte sich nämlich ein Gefecht zwischen York und Marschall Ney entwickelt. Die Franzosen hatten alle beherrschenden Punkte um Freyburg mit Infanterie und Artillerie stark besetzt, besonders Zscheiplitz, die Schweigenberge, das Nickelchen, das Reußenwäldchen und den Spittelsberg. Das York'sche Armeekorps drang von Müncheroda aus vor und hielt den Galgenberg die Göhleberge und den Schleberodaer Berg besetzt.
Nachdem Frühstück besichtigte Napoleon nochmals die Brücken, und erst als er sich überzeugt hatte, daß der Übergang über die Unstrut gesichert war, ritt er selbst auf einem Schimmel mit seinem Generalstab über die Floßbrücke an der Freyburger Schleuse und bog dann rechts um nach Balgstädt zu.
Es war nachmittags zwischen 2 und 3 Uhr. Unter dem Brückenholze bog er links in einen Fahrweg ein und hielt dort längere Zeit still, indem er mit dem Fernglas das Gefecht beobachtete. Er sah, wie hinter der Zeddenbacher Mühle österreichische Jäger vom Jägerbataillon Nr. 2 eine Anhöhe besetzten, von dort aus sich am linken Unstrutufer festsetzten, und die auf der Strasse nach Balgstädt in langen Zügen marschierenden Franzosen beschossen. Deshalb ließ er ein paar Bataillone über die Zeddenbacher Brücke auf das linke Unstrutufer marschieren und einige Geschütze mit großer Anstrengung auf eine kleine Bergkuppe, auf der ein Winzerhäuschen stand, nicht weit von der Zeddenbacher Mühle schaffen, um die österreichischen Jäger zu vertreiben.
Während Napoleon diese Befehle erteilte, schlugen die preußischen Kanonenkugeln unter dem Brückenholze dicht neben ihm ein, so daß er von der emporspritzenden Erde beschmutzt wurde. Die Kugeln kamen von Leutnant Patzig, welcher 6 Geschütze von der reitenden Batterie Nr. 2 auf einem weit vorspringenden Bergrand bei Zscheiplitz aufgepflanzt hatte und von da aus die Straße von Freyburg nach Balgstädt wirksam beschoß.
Er mochte wohl auch den Kaiser an dem ihn umgebenden bunten Gefolge erkannt haben. Dieses bestand aus dem zum König von Neapel erhobenen General Murat, der mit seinen roten Hosen, gelben Stiefeln, langen goldenen Sporen und breitkrämpigem mit Straußenfedern geschmückten einen sehr theatralischen Eindruck machte, ferner aus dem Marschall Berthier, dem General Caulincourt, dem Generaladjutanten Flahaut, dem sächsischen Major v. Odeleben u.a. Ferner befanden sich bei ihm eine Abteilung reitender Gardisten, die beiden Postillione Vollmar und Werner, der Schleusenzieher Hansen und August Kürbitz, der Bruder des Zeddenbacher Müllers, welche Napoleon hatte rufen lassen, um Auskunft zu erteilen.
Nach einiger Zeit verließ der Kaiser die Stelle unter dem Brückenholz und ritt mit seiner Umgebung nach Balgstädt und von da aus über das Hardthaus, über Burkersroda und Klosterhäseler nach Eckartsberga, wo er bei dunkler Nacht ankam.
Hier wurden die Postillione Vollmar und Werner entlassen und erhielten jeder einen Napoleonsdor Trinkgeld.
Am anderen Tage wollten dieselben nach Freyburg zurück reiten. Am Hardthaus kamen ihnen russische Kosaken entgegen die ihnen Geld und Pferde abnahmen. Die Pferde erhielten sie aber durch Vermittlung eines Kosakenführers zurück.
Werner flüchtete nun mit den Pferden in den Wald, während Vollmar zu Fuß nach Balgstädt marschierte und dort über die Trümmer der zusammengebrochenen Floßbrücke mit genauer Not das linke Unstrutufer erreichte und glücklich nach Freyburg gelangte. Aber nicht nur ein großer Teil der geschlagenen französischen Armee kam damals durch Balgstädt, sondern auch Teile der verbündeten Heere unter dem Befehle des Feldmarschalls v. Blücher und des Grafen Bennigson, die mit der Verfolgung der Franzosen beauftragt waren.
In jenen Oktobertagen haben des abends wohl manchmal die Biwakfeuer hinter dem Dorfe Balgstädt gebrannt und der Ort war zuletzt ganz ausgezogen.
Am 21.10.1813 brannte die geschlagene französische Armee beim Rückzug das Backhaus in Balgstädt ab. Um den Mißhandlungen der Soldaten zu entgehen, flüchteten manche Bewohner in das Holz. Die Plünderer hatten es neben den Nahrungsmitteln besonders auf Schuhwerk abgesehen.
Pfarrer Gräfenhain besaß kein paar Stiefel mehr. Als er zum ersten Male nach den Schreckenstagen wieder Gottesdienst hielt, mußte er in alten Pantoffeln die Kirche betreten, was die Einwohner noch nach Jahren ihren Kindern erzählten.
Auch Schloß und Rittergut waren jedenfalls furchtbar mitgenommen, denn der Schloßherr Ernst Wilhelm v. Sperling hielt es für geraten, Balgstädt zu verlassen und wenigsten zeitweise mit seiner Familie in Kölleda, wo er ein Haus besaß, Wohnung zu nehmen.
Endlich 1815 hatten sich die Stürme der Napoleonischen Kriege ausgetobt, und durch den Wiener Frieden wurde das sächsische Amt Freyburg, in dem Balgstädt gelegen war, preußisch. Nun folgte eine lange Friedenszeit, in welcher die Wunden, die der Krieg geschlagen hatte, heilen konnten, so daß der Wohlstand wuchs und die Einwohnerzahl sich mehrte.
1827 besaß Balgstädt 66 Häuser und 350 Einwohner. In jene Zeit fiel das 300jährige Reformationsjubiläum, welches im ganzen evangelischen Deutschland und auch in Balgstädt am 31. Oktober und 1. November 1817 festlich begangen wurde. Bei dieser Gelegenheit verehrte die Balgstädter Gemeinde ihrer Kirche einen neuen silbernen, inwandig vergoldeten Abendmahlskelch nebst eben solcher Patene, da die Franzosen bei ihrem Rückzug nach der Völkerschlacht bei Leipzig am 21. Oktober 1813 die Abendmahlsgefäße geraubt hatten, so daß man seitdem in einem gewöhnlichen Glase den Wein hatte spenden müssen.
Noch heute ist der damals geschenkte Kelch, wie seine Inschrift bezeugt, in Gebrauch. Bei dem genannten Reformationsjubiläum erließ König Friedrich Wilhelm von Preußen einen Aufruf an seine Untertanen, worin er sie zu einer brüderlichen Vereinigung der Lutherischen und Reformierten, der sogenannten Union, aufforderte.
Eine der ersten Parochien, die sich zur Annahme der Union bereit erklärten, war Balgstädt. Nachdem Pfarrer Gräfenhain bei der Jubelfeier am 31. Oktober und 1. November 1817 über die Vereinigung der beiden getrennten Konfessionen gepredigt und am Nachmittag des ersten Festtages der Gemeinde im Gottesdienste noch eine besondere Belehrung darüber erteilt hatte, erklärten sich die Abgeordneten der gesamten Parochie einmütig für die Annahme des neuen Ritus des Brotbrechens. Doch kam die Einführung der Union wegen der gegensätzlichen Stellung des Kirchenpatrons erst später zustande.
Im Jahre 1848 starb am 11. Februar der Schloßherr Ernst Wilhelm v. Sperling und wurde in der Kirche zu Balgstädt beigesetzt. Er war dreimal vermählt gewesen. Seine erste Gattin hieß Christiane Rosine Henriette v. Leidenfrost. Aus dieser Ehe stammten Wilhelmin Eduard Bernhard Waldemar v. Sperling, geboren 1810 zu Balgstädt, und sein Bruder Robert Heinrich Hermann v. Sperling, geboren 1813 zu Kölleda, später Kreisgerichtsdirektor in Neustettin.
Die zweite Gattin hieß Karoline Wilhelmine v. Wurmb aus dem Hause Euleben. Dieser zweiten Ehe entsprossen 2 Töchter und 3 Söhne, von denen 2 besondere Erwähnung verdienen, nämlich Karl Ernst Oskar v. Sperling, geboren 1814 zu Kölleda, 1870 Generalstabschef der 1. Armee, und Ferdinand Otto v. Sperling, geboren 1821 zu Balgstädt, später Generalmajor.
Die dritte Gattin Ernst Wilhelms hieß Amalie Auguste Charlotte v. Wurmb. Aus dieser dritten Ehe gingen 4 Töchter hervor.
Während der Zeit des Schloßherren Ernst Wilhelm v. Sperling, 1809-1848, waren folgende Geistliche und Lehrer im Amt: Pfarrer Gräfenhain, 1790 angestellt, 1820 nach Leisling versetzt; 1820 Pfarrer Georg Erdmann Eschenbach, aus dem Voigtlande gebürtig, ebenfalls später nach Leisling versetzt; 1832Pfarrer Rudolf Wilhelm Clußmann, 1805 zu Hettstedt geboren, 1830 Hilfsprediger zu Gorsdorf, 1850 im Krankenhause zu Halle gestorben. Im Schulamte waren tätig: 1809-1826 Küster und Lehrer Scharf, 1826 -1843 Hitzschke, 1843 Andreas Friedrich Stich, 1818 geboren, 1839 in Kämmeritz, 1842 Schulvikar in Droyßig, emeritiert 1882, gestorben zu Balgstädt 1883. Aus jener Zeit verdient noch ein verheerendes Hagelwetter Erwähnung, welches am Montag, den 9. August 1841, nachmittags gegen 3 Uhr, über Balgstädt losbrach und sämtliche Feldfrüchte mit Ausnahme des Roggens, welcher meist schon eingefahren war, ebenso die Blätter und Früchte der Obstbäume und Weinberge völlig vernichtete.
Auch die nach Südwesten zu gelegenen Fensterscheiben und Dachziegel wurden durch die zum Teil faustgroßen Hagelkörner zertrümmert. Der Hasselbach war so angeschwollen, daß die daran wohnenden Leute ihre Häuser und Ställe mit dem Vieh verlassen mußten. An der Dorfbrücke stauten sich die Hagelkörner so, daß das Wasser kaum hindurch konnte. Als das Unwetter vorüber war, stieg infolge der Abkühlung des erhitzten Bodens ein weißer Dampf von der Erde auf. Erst nach acht Tagen schmolzen die letzten Hagelkörner.
Die Einwohner berechneten ihren Schaden auf 9760 Taler. Da außer dem Rittergutspächter Amtmann Julius Höckner niemand gegen Hagelschlag versichert war, so erließ Pfarrer Clußmann im Querfurter Kreisblatt vom 10. August einen öffentlichen Hilferuf. Auch wurden dem Orte 213 Taler Grundsteuer und 48 Taler Klassensteuer erlassen.
Da kein Futter vorhanden war, wurde das Vieh zum Teil verkauft, zum Teil auf andere Dörfer in Pflege gegeben. Im Gemeindebuche wurde ein Bericht über das Hagelwetter niedergeschrieben, welcher mit dem Spruch Psalm 148, 7-8, abschließt: "Lobet den Herrn auf Erden, ihr Walfische und alle Tiefen, Feuer, Hagel, Schnee und Dampf, Sturmwinde , die sein Wort ausrichten. "Unterzeichnet ist der Bericht vom Richter Ferber, vom Schulzen Minkmar, von Christian Zeugner, Karl Schmidt, Fr. Urban, Karl Zeugner, Gotthilf Täubner, Pochmann, Blanke und Ostermann.
Im Jahre 1848 erbte Wilhelm Eduard Bernhard Waldemar v. Sperling als ältester Sohn Schloß und Rittergut Balgstädt von seinem Vater. Er bekleidete das Amt eines Feuersozietätsdirektors im Kreise Querfurt und wird 1873 als wohnhaft i Dresden bezeichnet. Sein Halbbruder Karl Ernst Oskar v. Sperling hat sich einen hervorragenden Namen in der Kriegsgeschichte erworben. Derselbe war als Sohn des Balgstädter Schloßherrn Ernst Wilhelm v. Sperling und dessen zweiter Gemahlin Karoline Wilhelmine geb. v. Wurmb zur Zeit der Freiheitskriege 1814 zu Kölleda geboren, trat schon als achtzehnjähriger Jüngling i das 31. Infanterie-Regiment ein, wurde im Jahre 1845Lehrer an der Erfurter Kriegsschule, dann zur topographischen Abteilung des großen Generalstabs kommandiert, nahm 1849 an den Kämpfen zur Unterdrückung des Aufstandes in Baden teil und wurde 1858 wegen seiner hervorragenden Fähigkeiten in den Großen Generalstab versetzt. 1864 nahm er im dänischen Feldzug an der Expedition nach der Insel Föhr und an der Wegnahme der dänischen Flottille des Oberst Hammer teil.
Im Kriege vor 1866 war er als Generalstabschef des 6. Armeekorps tätig und erhielt für Königgrätz den Orden Pour le merite.
Beim Ausbruch des französischen Krieges 1870 wurde er zum Generalstabschef der 1. Armee ernannt, welche zunächst unter dem Befehle des Generals v. Steinmetz stand, durch Erstürmung der Spicherer Höhen das Korps des Generals Frossard vollständig schlug, am 14. August bei Colombey siegte, am 18. August in die Schlacht von Gravelotte erfolgreich eingriff und die Festung Metz umzingelte.
Dann kämpfte die 1. Armee unter General von Manteuffel gegen die französische Nordarmee und besiegte dieselbe am 27. November bei Armiens. Ebenso schlug sie unter dem Befehl des Generals v. Goeben eine zweite Nordarmee bei St. Quentin am 19. Januar 1871.
An allen diesen Siegen hatte General v. Sperling durch Entwerfung der Schlachtpläne ruhmvollen Anteil. Seine Verdienste fanden allerseits Anerkennung.
Am 25. August 1870 empfing er als einer der Ersten aus der Hand König Wilhelms das Eiserne Kreuz. Auch von anderen Fürsten wurde er durch zahlreiche Orden ausgezeichnet. Trotzdem hielt er an der ihm eigenen Schlichtheit und Bescheidenheit fest.
Eine Erkrankung nötigte ihn, mitten im Kriege auf 2 Monate zur Erholung nach Wiesbaden zu gehen, worauf er nach Frankreich zurückkehrte und trotz heftiger Schmerzen pflichtgetreu auf seinem Posten ausharrte Nach Beendigung des Krieges mußte er wegen seines Leidens den Abschied nehmen und starb ein Jahr später, am 1. Mai 1872, in Bad Kösen.
Sein jüngerer Bruder Ferdinand Otto v. Sperling, 1821 zu Balgstädt geboren, trat 1839 in das Infanterie-Regiment Nr. 31 ein, nahm an dem Kriege von 1866 als Bataillionskommandeur, an dem Kriege 1870/71 als Regimentskommandeur teil und kehrte mit dem Eisernen Kreuz erster Klasse aus dem Feldzuge zurück. 1879 wurde er in Genehmigung seines Abschiedsgesuchs als Generalmajor zur Verfügung gestellt und lebte hochbetagt zu Wiesbaden.
Balgstädt hatte im Kriege 1870/71 folgende Verluste: Herrmann Krebs vom Infanterie-Regiment Nr. 72 wurde bei Metz verwundet, Gustav Blanke vom Halberstädter Kurrasierregiment Nr. 7 wurde beim Todesritt von Mars-la-tour verwundet. Außerdem kam ein Knecht aus Möllern, der damals in Balgstädt diente, beim Todesritt von Mars-la-tour um, da er als vermißt gemeldet wurde, nämlich Karl Höfer vom Salzwedler Ulanenregiment Nr. 16.
Wilhelm Eduard Bernhard Waldemar v. Sperling starb am 26. Dezember 1877 zu Naumburg. Schloß und Rittergut Balgstädt gingen zwei Jahre später, 1879, auf den Sohn seines Bruders, des Kreisgerichtsdirektors Robert Heinrich Hermann v. Sperling, Herrn Walter v. Sperling, den jetzigen Besitzer, über. Derselbe ist Hauptmann der Landwehr und Königlicher Amtsvorsteher.
Aus der Neuzeit verdienen folgende Verkehrsmittel erwähnt zu werden: die Provinzialchaussee Naumburg, Freyburg und Laucha, welche durch Balgstädt führt und in den 70er Jahren gebaut wurde; die Strasse Balgstädt-Burkersroda, welche einen Teil der alten Kasseler Poststrasse bildet, wurde in den 80er Jahren gebaut, die Unstrutbahn Naumburg-Artern wurde am 1. Oktober 1889 eröffnet, wobei Balgstädt einen Bahnhof erhielt.
Ferner noch die Namen der Pfarrer und Lehrer genannt aus den Jahren 1848-1911. Pfarrer:1851 Albert Bruno Isbary, geb. 1816 zu Leipzig, 1861 nach Gleina versetzt;1861 Andreas Gottfried Uhde, geb. 1811 zu Hadmersleben, 1837 Rektor in Hadmersleben, 1856 Pastor in Weischütz, 1877 in den Ruhestand getreten, 1877 Karl Heinrich Wilhelm Emil Geiling, geb. 1837 in Nachterstädt 1870 Pfarrer in Weischütz, 1898 pensioniert;1898 Friedrich Bernhard Seifert, geb. 1866 in Freyburg, 1892 Pfarrverweser in Kröben, Prov. Posen, 1893 Pastor in Margonin, Prov. Posen, 1903 Leiter des Paulinums in Posen, jetzt Pastor an der Matthäuskirche in Berlin;1903 Kurt Friedrich Oskar v. Wodtke, geb. 1876 in Berlin, 1907 versetzt nach Lochau bei Halle;1908 Karl Gustav Hugo Seemann, geb. 1879 in Aschersleben, 1905 Lehrer an der Bürgerschule in Schwerin, 1907 Hilfsprediger in Greppin. Küster und Lehrer:1882Theodor Benjamin May, 1889 nach Stößen versetzt;1889Johann Karl Röhrborn, 1883inn Großwilsdorf, 1892emeritiert;seit 1892Adolf Otto Friedrich Rühlmann.
Im Jahre 1896 wurde ein Schulneubau ausgeführt und eine 2. Lehrerstelle eingerichtet. Dieselbe haben verwaltet:1896 Johannes Reinhold Ernst Herz, 1903 nach Laucha versetzt;1903 Volkmann, 1905 zu Balgstädt gestorben;1905 Lust, jetzt i Teuchern;1911Buchheister. Zum Schluss mag noch die Reihe der Rittergutspächter aufgeführt werden. Bis zum Jahre 1765 hatte Oberforstmeister v. Sperling ebenso wie die früheren Schloßbesitzer das Rittergut Balgstädt durch Verwalter selbst bewirtschaftet. Dann verpachtete er es an Samuel Buchholtz, der die Pachtung 1765-1783 inne hatte. Auf ihn folgte 1783-1801 als Pächter Blanke, 1801 Finanzkommissar Hahn, welcher Johanni1805 die Pachtung an seinen Schwiegersohn Friedrich Vocke abtrat, dessen Sohn, Vocke junior, das Gut bis 1840 in Pacht hatte. 1840-1851 hatte Amtmann Julius Höckner die Pachtung inne.
1851 übernahm sie Apel, mußte aber dem Amtmann Höckner 13 000 Taler Inventarentschädigung zahlen. Bis 1840 waren die Inventarentschädigungen ziemlich gering, weil die Anspänner und Hintersätter von Balgstädt, Größnitz und Städten bis dahin dem Rittergut Hand- und Spannfronen leisten müssen, wodurch die Beschaffung von Spannvieh, Wagen, Ackergeräten und der gleichen fast ganz erspart wurde. Apel übergab die Pachtung 1860 an seinen Schwager Steiger gegen eine Inventar-entschädigung von 25.000 Talern. Von Steiger übernahm die Pachtung 1878 Edeling gegen 32.000 Taler Inventarentschädigung.
Seit 1880 wird das Rittergut von dem gegenwärtigen Pächter, Oberamtmann Jakob aus Wethau bewirtschaftet. Die Grabplatte von Georg Rudolf von Heßler ist heute noch in der Balgstädter Kirche zu besichtigen.
Im Jahre 1730 kam es in Balgstädt zum Rekrutenjagen. Hauptmann Muter aus Laucha hatte nicht genügend Soldaten für seine Kompanie. Der Gemeindeschulze Hans Hennicke (40 Jahre)fiel den Rekrutenjägern (Fängern)in die Hände. Er wurde am Tage auf der Straße von Soldaten aus der Kompanie des Hauptmanns von Witzendorf angefallen. Obwohl das Dorf die zugeteilten Rekruten gestellt hatte, nahm man ihn fest und zwang ihn, den Fahneneid zu leisten. Die Balgstädter warteten vergebens auf die Rückkehr ihres Schulzen. Die Soldaten drangen kurz darauf wieder in Balgstädt in das Haus des Christoph Thiele ein. Sie trafen aber nur die Ehefrau an. Später begingen die Soldaten eine weitere Gewalttat. Am 17.04.1730 ergriffen die Soldaten auf dem Rittergut einen Ackerknecht. Als er sich aber wehrte und laut schrie, schlugen sie ihn nieder und steckten ihm ein Halstuch in den Mund. Danach schleppten sie ihn aus dem Dorf. Doch sie kamen nicht weit. Sie sahen sich plötzlich von erbitterten Einwohnern umringt, die sich in aller Eile bewaffnet hatten. Der Überfallene war Übel zugerichtet worden und mußte lange das Bett hüten. Seit der Niederlage ließen sich keine Rekrutenfänger mehr in Balgstädt sehen.
Das Gewerbe im 19. Jahrhundert sah folgendermaßen aus: Um 1860 eröffnete Karl Steinbrück den Gasthof "Zur Rose", den er 1905 noch immer besaß.
1870 gründete Berthold Bilke eine Gärtnerei. Berthold Bilke war der Großvater von Gärtner Walter Bilke. Diese Gärtnerei wurde bis 1987 betrieben.
In Balgstädt gab es noch eine zweite Gärtnerei. Sie existierte seit ca. 1859 und wurde von Carl Friedrich Leibnitz bewirtschaftet. Später übernahm dessen Sohn Otto Leibnitz die Gärtnerei und danach führte dessen Tochter Flora Vogel diese weiter. Nach dem 2. Weltkrieg ging die Gärtnerei in die LPG über und 1957 wurde sie aufgelöst. Die Gärtnerei befand sich am Hasselweg, heutiges Grundstück von Günter Bernstein.
1880 wurde in Balgstädt von Robert Kunze ein Schmiedebetrieb eröffnet. Ab 1913 sein Sohn Oswald diese weiter, sie existierte bis 1963. Der Schmied Kunze besaß ein kleines Erholungshäuschen--das Schmiedshäuschen am Rödel.
Ebenfalls 1880 eröffnete Herr Krause eine Schneiderei, welche ab 1930 von dessen Sohn Paul weiter geführt wurde. Sie existierte bis zum Jahre 1961.
1880 war Eduard Herrn Inhaber des Gasthofes "Deutscher Kaiser". Später führte sein Sohn Paul mit Ehefrau Elly die Gaststätte weiter. Sie blieb in Familienbesitz, denn sei Sohn Adelbert und Frau Elfriede führten diese Gaststätte weiter, bis 1974 die LPG diese übernahm und benannte sie "Unstruttal". 1984 wurde die Gaststätte geschlossen.
1886 wurde ein Gemischtwarengeschäft von Familie Täubner eröffnet. Dieses wurde später von Karl und Sidonie Kätsch geb. Täubner. 1919 übernahm ihr Neffe Otto Reinboth das Geschäft und anschließend im Jahre 1969 sein Sohn Friedrich Karl. 1986 meldeten diese das Gewerbe aus Alters- und Gesundheitsgründen ab.
1889, am 1.10., wurde die Unstrut-Eisenbahnstrecke eröffnet; dabei bekam Balgstädt einen Bahnhof. 1889 bauten die Brüder Paul und Louis Kersten eine Kalkbrennerei auf dem heutigen Grundstück Bensch auf. Das heutige Wohnhaus Bensch war das Büro. Die Wohnungen der Brüder Kersten befanden sich im späteren Lehrerhaus. Die Kalkbrennerei bestand aus 2 Ringöfen mit je 10 kleinen Kammern.
1896 gab es in Balgstädt eine große Überschwemmung. Das Wasser walzte 3/4 m hoch die Kirchgasse herunter. Die Hassel war so hoch gestiegen daß das Rittergutsfeld am Bahnhof überschwemmt war. Es war Samstag vor Ablaß. Das Wasser hatte das Karussell umgeworfen. Mehrere Pferde und Kutschen wurden in Weißenfels aus der Saale gefischt.
Am ganzen Schulgebäude war das Pflaster weggespült; das Wasser hatte metertiefe Löcher ins Erdreich gerissen. Mehrere Scheunen stürzten ein.
1896 kostete eine Taufe 1,13 RM, eine Trauung 1,63 RM Die Kalkbrennerei war für Balgstädt ein ausschlaggebender Arbeitgeber. 1903 wurde durch Gustav Winter eine Ziegelei gegründet, wo Mauer- und Dachziegel gebrannt wurden. Sie befand sich in der Ziegelscheune (später Krautscheune) an der Lauchaerstraße. Der ehemalige Feuerlöschteich hieß auch Ziegeleiteich. Seit 1889 die Unstutbahn existierte, ist die Schifffahrt erheblich zurückgegangen.
Seit der Schiffbarmachung der Unstrut im Jahre 1795, verkehren nun statt 120 Kähnen nur noch 25. Die Schiffseigentümer sind von 40 auf 14 zurückgegangen. Durch den niedrigen Wasserstand der Unstrut nimmt die Flößerei zu.